Man hört es immer wieder: man soll dem Leben nicht unbedingt mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben. Klingt nach einem guten Spruch. Aber wie so oft bei gut klingenden Sprüchen ist es doch so: nicht alles was gut klingt, muss auch gut sein. Oft genug schaltet bei einem gut klingenden Spruch der Verstand ab. Manchmal ist man so besoffen von dem guten Klang eines Spruchs, dass sein Wahrheitsgehalt zweitrangig wird. Da drücken wir dann alle Hühneraugen zu. Es klingt einfach so schön, dass man es mit der Wahrheit nicht mehr so genau nehmen muss. Unglücklicherweise ist vor allem die schreibende Zunft von diesem Phänomen betroffen. So wird so mancher Leser mit halbgaren „Weisheiten“ gefüttert, die leider nur gut klingen, aber nicht wirklich durchdacht sind.
Um zu dem Spruch am Anfang zurückzukehren: wieso sollte man sich darauf fokussieren, den Tagen mehr Leben zu geben, warum nicht auch dem Leben mehr Tage? Beides sollte man doch erstreben. Das eine wie das andere. Dem Leben mehr Tage und den Tagen mehr Leben. Jeder neue Tag ist eine Chance, das Glas des Lebens ein bisschen weiter zu füllen. Als Mensch weiter zu reifen. Und das sollte man tun, solange es irgend möglich ist.