Wir verwenden extrem viel Zeit auf die Pflege von Äußerlichkeiten, während wir unserem inneren Zustand keine besondere Aufmerksamkeit schenken. Wir leben unter dem Regime eines Äußerlichkeitskults. Unsere äußere Erscheinung, die Kleidung, die Frisur, das Auto, das Haus — alles soll uns selbst gefallen und bei anderen einen guten Eindruck machen. Werbung und Lifestylemagazine sind voll mit schönen, gepflegten Menschen, die in großzügigen, lichtdurchfluteten Wohnungen oder an anderen schicken Orten für die Kameras posieren. Die Topmanager in den Chefetagen tragen feine Anzüge und edle Krawatten, sie fahren noble Autos, und ihre Frauen behängen sich mit exquisitem Schmuck und teuren Accessoires. Auch Politiker tragen gern schöne Anzüge und lieben es, in den Medien gut rüberzukommen.
An der Oberfläche ist bei uns viel los. Aber was tut sich darunter? Wie ist es um unseren geistigen Zustand bestellt? Lebt in einem schönen Körper mit einem schönen Outfit auch ein schöner Geist? Schön wär’s. Doch leider ist dem oft nicht so. Während reiche Frauen und Männer sich mit teurem Luxus umgeben, verhungern anderswo auf der Welt Menschen. Während Topmanager überlegen, welche Farbe ihr nächster Sportwagen haben soll, werden Arbeiter auf die Straße gesetzt, weil ihre Fabriken nicht genug Gewinn abgeworfen haben (wofür bekanntlich die Manager verantwortlich sind, und nicht die Arbeiter). Und mancher ordentlich und gepflegt aussehende Politiker gefällt sich darin, den Hass auf Minderheiten oder auf den vermeintlichen Feind im Ausland zu schüren und Menschen in Gefängnissen verschwinden zu lassen.
Nichts gegen ein schönes und gepflegtes Äußeres, wenn man es damit nicht bis zur Manie übertreibt. Aber noch wichtiger als das äußere Erscheinungsbild ist ein schöner und gepflegter Geist, ein Denken und Fühlen jenseits der geistigen Abgründe halbwilder Menschenfresser. Ein aufrechter Mensch zu sein, der nicht nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist, der Mitgefühl hat mit anderen, der seinen Verstand benutzt und ahnt, dass er mit allem falsch liegen kann, was er denkt. Der deshalb tolerant ist gegenüber Andersdenkenden, aber auch Härte zeigt gegen die Intoleranz, deren Ziel das Ende aller Toleranz ist, und gegen die Unmenschlichkeit.
Menschen solchen Schlages bräuchten wir dringender als alles andere. Doch leider sind sie dünn gesät. Die Welt ist in der Hand von verkappten Menschenfressern, die sich nach außen wie gute und feine Leute geben.