Die weißen Ritter im Kampf gegen das Abgrundböse

Wir die Guten, da die Bösen. So einfach kann man sich die Welt gedanklich einrichten. Komisch, dass es nie eine Seite gibt, die sich selbst für die Bösen und die anderen für die Guten hält.

In Lagern denken. Wir gegen die. Die eigene Seite viel nachsichtiger behandeln, denn die gehört ja zu den Guten. Die andere Seite heruntermachen, an ihrer Rationalität zweifeln, sie als emotional gesteuert und aggressiv hinstellen, bei ihr immer nur das Schlimmste vermuten – denn die andere Seite, das sind ja die Bösen. So einfach ist das. So funktioniert das, was uns manch einer allen Ernstes auch noch als Qualitätsjournalismus verkaufen will. Der Journalist als weißer Ritter im Kampf gegen das Abgrundböse. Die Welt als Märchen. Gut gegen Böse, der edle Ritter gegen den schwarzen Schurken. Die Journalisten, die uns diesen Humbug allen Ernstes präsentieren, haben ihren Beruf komplett verfehlt. Sie wären besser Märchenerzähler geworden.

Dass das Böse gar nicht so böse ist und der Ritter alles andere als weiß und edel — das sind Feinheiten, über die man offenbar auch mal hinwegsehen können muss. Ein Schlachtengemälde muss eben mit groben Strichen gemalt werden, eher mit der Kleisterbürste als mit dem feinen Künstlerpinsel. Nicht dass der Journalist den feinen Pinsel nicht auch beherrschen würde, das tut er durchaus, er hat sein Handwerk ja gelernt. Aber manchmal ist einfach die Kleisterbürste viel besser geeignet, um die gewünschte Wirkung zu entfalten. Im Kampf Gut gegen Böse heiligt der Zweck nunmal die Mittel. Da darf man nicht zimperlich sein, und Wahrheit ist ohnehin ein dehnbarer Begriff. Mit der Wahrheit ist es so ähnlich wie mit Schrödingers Katze: die Wahrheit stirbt erst dann, wenn es der Leser merkt. Und das ist im allgemeinen nicht zu befürchten.