Der Mensch ist ein Produkt darwinistischer Prinzipien, und auch die menschliche Kultur folgt in ihrer Entwicklung ebendiesen Prinzipien. Nur jene Ideen, Denkweisen und Handlungsweisen haben Bestand, die sich gegen andere durchsetzen. Sie setzen sich durch, wenn sie für Menschen attraktiv sind, oder wenn Menschen mit Macht (politisch, ökonomisch, weltanschaulich, …) sie mit Mitteln der Verführung, der Propaganda oder einfach mit Gewalt durchsetzen.
Letzteres ist nur möglich, weil die Menschen nicht gleich sind. Zwar sollten sie nach unseren eigenen Ansprüchen gleich sein, gleich an Rechten und gleich an Pflichten. Nominell sind sie das auch. Aber weil sie ungleich sind an Mitteln und an Einfluss, können sie von ihren Rechten nur ungleich Gebrauch machen. Es gibt diese Ungleichheit in allen gesellschaftlichen Gruppen, in der Familie, in der Kommune, im Land, innerhalb der ganzen Menschheit. Macht ist konzentriert bei wenigen, während die Mehrheit über wenig Macht verfügt oder sich dieser Macht nicht bewusst ist (so wie ein Arbeitselefant, der sich von einem Menschenzwerg herumkommandieren lässt, weil er sich seiner Kräfte nicht bewusst ist). Die Mehrheit wird über ökonomische Abhängigkeiten sowie Versprechungen und Verlockungen, durch die Kunst der Verführung, durch Propaganda, durch weltanschauliche Zwänge (Denkgebote und Denkverbote, deren Einhaltung auch durch sozialen Druck seitens der peers überwacht wird) oder durch pure Gewalt davon abgehalten, sich ihrer eigenen Macht bewusst zu werden und sie zu nutzen. Die wenigen haben nur Macht, wenn die Mehrheit nicht zusammen steht, wenn sie sich in Einzelne atomisieren lässt und deshalb ihre Macht nicht umsetzen kann.
Wenn der Mensch ein Produkt darwinistischer Prinzipien ist, wie kann man da erwarten, dass sich sein Handeln nicht nach diesen Prinzipien richtet? In einem darwinistischen Universum, in einer darwinistischen Welt ist der darwinistische Mensch nur natürlich. Aber nur, weil etwas natürlich ist, muss es nicht unbedingt gut und erstrebenswert sein. Der darwinistische Mensch ist einer, der Menschenleben zerstört. Man kann es nicht deutlich genug sagen: der Darwinismus vernichtet Menschenleben. Er ist nur für die Starken da, während er die Schwachen hinwegfegt. Deshalb kann man nur froh sein über jede Idee, jede Denkweise und jede Handlung, die den Darwinismus transzendiert, die über die darwinistische Natur hinauswächst. Wenn der Mensch sich zivilisiert, wenn er sich Regeln für das Zusammenleben gibt, mit denen er den Darwinismus hinter sich lässt — dann erst ist er wirklich ein Mensch, dann erst schöpft er sein eigenes Potential aus. Ein Potential, das von Beginn an in ihm schlummert, das aber erst geweckt werden muss. Solange er im Darwinismus der Natur verharrt, führt der Mensch nichts weiter als eine barbarische Existenz. Dass er dabei gelegentlich Kostümchen oder Nadelstreifen trägt, ändert daran gar nichts. Selbst mit dem feinsten Zwirn bleibt er ein Menschenfresser, der davon lebt, die Leben anderer Menschen zu verzehren.
Freilich kann man den Darwinismus niemals ganz loswerden. Das ist schlechterdings nicht möglich. Er ist ein Naturprinzip, und der Natur können wir nicht vollständig entkommen. Ihre Gesetze können wir nicht aushebeln. Auch gute Ideen müssen sich gegen schlechte durchsetzen, um sich unter den Menschen auszubreiten. Anders funktioniert es nicht. Das ist aber nur eine geringfügige Einschränkung, solange die guten Ideen selbst den Darwinismus hinter sich lassen. Das bedeutet natürlich auch, dass sie nicht mit Gewalt oder Lügen verbreitet werden dürfen. Sondern durch die Kraft des ehrlichen Arguments und die Integrität des guten Vorbilds.