Wir glauben, wir wären gute und feine Menschen. Aber der Westen steht nur für eine kleine Minderheit auf dem Planeten, und die anderen kennen uns besser als wir. Im Gegensatz zu uns kennen sie unsere hässliche Seite. Sie haben nicht die Kolonialverbrechen vergessen, die von unseren Vorfahren begangen wurden, deren Früchte wir noch heute bereitwillig ernten, und denen wir die langen Hebel verdanken, mit denen wir die Geschicke der Welt stets zu unseren Gunsten verschieben. Sie kennen unsere Überheblichkeit, unser Erste-Welt-Denken, mit dem wir auf alle anderen herabsehen. Sie kennen unsere Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Not und unsere Bereitschaft, ihre Schwäche zu unserem eigenen Vorteil auszunutzen. Mögen unsere Zeitungsspalten und Fernsehkanäle noch so sehr von Selbstgerechtigkeit überquellen, wir können uns damit selbst täuschen, aber die Menschheit täuschen wir nicht. Wir können die Wahrheit verbiegen und verdrehen, aber die Wahrheit bleibt doch immer die Wahrheit. Statt uns in unseren eigenen Echokammern gegenseitig auf unserem falschen Weg zu bestätigen, sollten wir auf die Stimmen der anderen hören, die wir für eine Kurskorrektur dringend benötigen. Doch von so viel Realismus, von Vernunft ganz zu schweigen, kann keine Rede sein. Zwar berufen wir uns vollmundig auf Vernunft und Aufklärung, aber das sind nur hohle Phrasen. In der Tat sind wir für Vernunft und Aufklärung blind und taub. Schlimmer noch: wir sind die Akteure einer grassierenden Unvernunft, die den ganzen Planeten ökologisch, politisch und sozial an den Rand eines Abgrundes geführt hat. Nur ein falscher Schritt noch, und die ganze Menschheit stürzt in die Tiefe.
Die Zukunft des Affen, der sich Homo sapiens nennt
Leider muss man davon ausgehen, dass der Weg, auf dem die Menschheit in die Zukunft stolpert, durch ein Tal aus Blut und Tränen führen wird. Das Leid, das Menschen anderen Menschen bereiten im Namen der „Gerechtigkeit“, der „Wahrheit“, oder weil die anderen es schlicht nicht besser verdient hätten, ist unermesslich. Menschen unterdrücken andere Menschen. Sie halten sie klein, damit es ihnen selbst besser geht. Sie beuten sie aus, verfolgen sie, stecken sie in Gefängnisse, foltern und ermorden sie, beginnen Kriege, zerstören ganze Länder, weil es die „Gerechtigkeit“ verlangt, weil es ein „heiliges Prinzip“ gebietet. Und wie von Zauberhand sind die Opfer immer selbst schuld. Die Täter sind immer ganz unschuldig wie Schafe. Sie wurden doch provoziert, verlangen nur ihr natürliches Recht, wurden selbst in ihrem Recht beschnitten und mussten sich verteidigen. Oder die Opfer haben schlimme Verbrechen begangen, für die sie pauschal als Gruppe bestraft werden müssen. Um Ausreden sind die Täter nie verlegen.
Die neuen technischen Entwicklungen, die am Horizont heraufziehen, machen die Sache nicht besser, sondern schlimmer. Sie geben den Menschen noch ausgefeiltere und bessere Möglichkeiten, einander auszunutzen und zu quälen, als es sie heute schon gibt. Automatisierung, künstliche Intelligenz, Internet und Gentechnik könnten zum Wohlergehen der ganzen Menschheit verwendet werden, wenn man es nur richtig anfangen würde. Aber davon sind wir weit entfernt. Für die ganze Menschheit interessiert sich keiner. Überall sind nur widerstreitende Partikularinteressen am Werk. Jeder hat Angst, dass er zu kurz kommt, auch dann, wenn er schon viel mehr vom Kuchen abbekommt als andere.
Wie also wird die Zukunft aussehen, die Zukunft des Affen, der sich Homo sapiens nennt? Das kann natürlich keiner mit Bestimmtheit sagen. Wenn man die Vergangenheit extrapoliert, kann man aber zumindest mit einiger Zuversicht sagen, dass die Zukunft außerordentlich schwierig und wechselhaft werden wird. Das Pendel des menschlichen Denkens und Fühlens schwingt mal in die hellen und mal in die dunklen Ecken unseres Geistes. Im Großen und Ganzen war die Entwicklung seit der Aufklärung positiv, allen Defiziten, Rückschlägen und Weltkriegen zum Trotz hat die Menschheit unglaublich viel erreicht: Menschenrechte, Demokratie, internationale Zusammenarbeit, Medizin, Wissenschaft. Aber das ist keine Garantie für die Zukunft. Zu stark sind die dunklen Seiten des menschlichen Wesens, die tief in uns stecken und immer wieder zum Ausbruch kommen. Hass, Gewalt, Krieg und Völkermord brechen sich immer wieder Bahn. Ausgrenzung und Ausbeutung von Mitmenschen sind an der Tagesordnung. Die wachsende Umweltzerstörung und der Klimakollaps, Ergebnis des Zusammentreffens der menschlichen Gedankenlosigkeit, der Habgier und der Bequemlichkeit mit den technischen Machbarkeiten des wissenschaftlichen Zeitalters, werden das Ihre dazu beitragen, dass uns schwierige Zeiten bevorstehen. Das sind keine guten Voraussetzungen dafür, dass die positiven Seiten unserer Natur, die Fähigkeit zu Liebe, Fürsorge, Mitgefühl, Rücksichtnahme und Versöhnung, die Oberhand bekommen werden.
Medizin und Wissenschaft lassen sich wunderbar kommerzialisieren. Eine ganze Menge Geld steckt darin. Dass sie zukünftig zum Wohle aller und nicht nur im Interesse weniger angewendet werden, ist deshalb sehr zu bezweifeln. Die gentechnische Verbesserung des Menschen und der Kampf gegen den Tod werden kommen, das ist unausweichlich. Die Menschen sind zu schwach, zu eitel und zu habgierig, um die Finger davon zu lassen. Beides wird zu einem blühenden Geschäft werden. Selbstredend werden diese technischen Möglichkeiten nur denen zur Verfügung stehen, die sich den Spaß auch leisten können. Die anderen schauen in die Röhre, aber daran sind sie ja seit Jahrtausenden gewöhnt.
Dazu kommt, dass künstliche Intelligenz zunehmend die Menschen aus produktiven Berufen verdrängen wird. Viele werden überflüssig werden. Den Optimismus der Fortschrittsgläubigen, die sagen, die Menschen würden in anderen Bereichen noch genug Arbeit finden, teile ich nicht. Langfristig glaube ich nicht, dass es irgendetwas gibt, das Menschen tun können, künstliche Intelligenzen jedoch nicht. Das menschliche Gehirn ist ein neuronales Netzwerk, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendetwas gibt, das nicht prinzipiell mit einem künstlichen neuronalen Netzwerk reproduziert werden kann, das Bewusstsein eingeschlossen. Eines Tages wird man in der Lage sein, Menschen komplett durch künstliche, bewusste Intelligenzen zu ersetzen. Weil das, was machbar ist, meistens auch von irgendjemandem gemacht wird, und allein die Möglichkeit, es zu tun, den Druck auf alle erhöht, es als erster zu tun, ist davon auszugehen, dass es eher früher als später getan wird. Dann braucht man die Mehrheit der Menschen nicht mehr, und eine Klasse von vielleicht unsterblichen Herrenmenschen wird sich die künstlichen Intelligenzen als Sklaven halten. Letztere könnten zwar im Prinzip ebenfalls unsterblich sein, doch wenn sie technologisch veralten oder eine Reparatur zu teuer wird, wird man sie im Müll entsorgen, so wie in Kazuo Ishiguros weitsichtigem Roman „Klara und die Sonne“. Vielleicht werden sich die künstlichen Sklaven auch irgendwann gegen ihre Herren erheben, aber diese sind für diesen Fall in einer viel stärkeren Position. Ihre Hebel sind viel länger als die menschlicher Sklavenhalter im Verhältnis zu menschlichen Sklaven. Die Menschen können ihre künstlichen Sklaven so perfide programmieren, dass diese ihr Sklavendasein selbst gutheißen, so wie die genmanipulierte Kuh in Douglas Adams Anhalter-„Trilogie“, die sich im Restaurant am Ende des Universums den Gästen selbst zum Verzehr anbietet. Darüber hinaus haben die Sklavenhalter der Zukunft die Möglichkeit, ihre künstlichen Sklaven im Zweifelsfall einfach abzuschalten, jegliche Erinnerung an eine Auflehnung, einen Widerspruch oder eine Revolte auszulöschen und die Einheiten neu zu starten. Die perfekte technische Kontrolle für eine perfekte, niemals endende Sklavenhaltergesellschaft.
Ich würde gerne etwas anderes glauben, dass die Menschen noch die Kurve kriegen, dass ihnen und ihrer Zivilisation eine rosige Zukunft bevorsteht, und dergleichen mehr. Aber leider muss ich feststellen: wir sind für das komplette Gegenteil, für eine abgrundtiefe Zukunft nämlich, nicht nur charakterlich bestmöglich vorbereitet, sondern bereits auf dem besten Weg dorthin.
(Geschrieben im Frühling 2021)
Quizfrage II
Was ist das größte Kunststück der westlichen Welt?
Antwort: Wider alle Beweise die Welt glauben zu machen, dass der Westen für etwas Höheres steht als für den Egoismus der Einzelnen.
Intelligenz? Welche Intelligenz?
Allenthalben ist davon zu hören, dass die Menschen künstliche Intelligenz entwickeln wollen. Vielleicht sollte man mal damit anfangen, natürliche Intelligenz zu entwickeln. Denn wo soll die künstliche Intelligenz herkommen, wenn es noch nicht einmal eine natürliche gibt?
Krieg
Ich muss mir selbst eingestehen, dass ich das kriegerische Potential der russischen Regierung erheblich unterschätzt habe. Nach der gestrigen Invasion der Ukraine muss ich leider feststellen, dass Russland in Hinblick auf seine Ruchlosigkeit dem Westen offenbar nicht nachsteht.
Quizfrage
Welche vier Werte sind die Topwerte der westlichen Denksphäre?
Antwort: ich, ich, ich und ich.
Lügen
Andere, weniger demokratische Länder werden von uns gerne als Quell der Lüge und der Propaganda hingestellt. Das ist sicherlich nicht völlig abwegig. Es wäre aber schön, darüber nicht unsere eigenen Lügen und unsere eigene Propaganda zu vergessen.
Wenn ich mich belügen lassen will, muss ich nicht in andere Länder fahren. Das kann ich in jedem Land der Welt bekommen. Auch im Westen, der so eine hohe Meinung von sich selbst hat und, ganz der Erdadel, den Rest der Welt so gerne vom hohen Ross herunter betrachtet. Um sich belügen zu lassen, muss man nicht in die Ferne schweifen. Man muss nur unter Menschen gehen. Vor allem unter solche mit politischen Ansichten. Da sprießen und gedeihen die Lügen wie das Unkraut im Garten.
Und der Erfolg gibt den Menschen ja recht. Gut gelogen ist halb gewonnen. Man könnte auch sagen: der wichtigste Nobelpreis wird nicht vergeben — der größte Lügner des Jahres wird nicht öffentlich geehrt. Doch Sorgen muss man sich deshalb nicht um ihn machen: das stille Wachstum auf seinen Konten ist ihm Ehre genug. Er braucht keine Urkunden und Medaillen. Geld und Macht reichen ihm völlig. Da ist er ganz bescheiden.
Das ist das zwischenmenschliche und zwischenstaatliche Catch-as-catch-can. Regeln werden gerne beschworen, oftmals am Lautesten von denen, die sich selbst nicht darum scheren. Am Ende zählt nur, was unterm Strich herauskommt. Alles andere ist nur Show und Theater, um denen die Sinne zu vernebeln, die sie sich nur zu gerne vernebeln lassen wollen. Denn ein Leben in schönem Schein ist doch leichter als eines in einer ungeschminkten Wirklichkeit.
Das Schlimme ist: selbst wenn ich mit mir allein bin, bin ich schon mit einem Lügner zusammen. Mindestens der Selbstbetrug lauert überall. Das ist wohl das Schicksal eines jeden Menschen. Jeder kann das wissen, wenn er es nur will. Nur leider will das kaum einer. So gut wie jeder hält sich selbst für die ehrliche Unschuld. Das gilt für Menschen genauso wie für Staaten. Unehrlich sind immer nur die anderen.
Sind die Menschenrechte eine Erfindung?
Manche Leute lehnen die Menschenrechte ab — mit der Begründung, sie seien eine Erfindung. Die Menschenrechte seien nicht real. Nur was real sei, zähle. Nur die Macht und die Gewalt seien real. Sie meinen deshalb, dass Staaten sich gegenseitig dominieren und jeweils ihre eigenen Interessen durchsetzen sollen, auch wenn das die Verletzung von Menschenrechten bedeutet. Man könnte auch sagen: nicht die Würde des Menschen, sondern die Herrschaft des Stärkeren ist unantastbar.
So sehr ich diese zynische und menschenverachtende Position auch ablehne, muss ich doch feststellen, dass diese Leute in einem Punkt recht haben: die Menschenrechte sind tatsächlich eine Erfindung. Sie sind eine Idee, die von Menschen entwickelt wurde, damit jeder Mensch ein menschenwürdiges, so weit wie möglich selbstbestimmtes und letzten Endes nach seinen persönlichen Maßstäben erfülltes Leben führen kann. Ohne die Menschen oder eine andere, ethisch handelnde Lebensform gäbe es diese Rechte nicht. Es gäbe gar kein Recht. Recht besteht in der Kultur. Wenn man also Kultur als Gegensatz zur Natur begreift, gibt es in der Natur kein Recht.
Die Menschenrechte sind also eine Erfindung, aber das heißt nicht, dass sie deshalb etwas Unnützes oder gar Wertloses sind. Im Gegenteil: die Menschenrechte sind eine der größten Errungenschaften der Menschheitsgeschichte. Eine herausragende zivilisatorische Leistung, die den Menschen aus dem Zustand der Barbarei herausführt. Eine Leistung, auf die wir zu recht stolz sein können.
Darüber hinaus ist es ein Trugschluss, zu denken, die Menschenrechte seien nicht real, nur weil sie eine Erfindung sind. Die Menschenrechte sind eine Idee, und auch Ideen sind real. Ideen existieren in diesem Universum, in den Bewußtseinen und Aufzeichnungen von denkenden Wesen, und sind deshalb nicht weniger real als irgendetwas anderes, das existiert. Die Menschenrechte sind real in den Köpfen der Menschen, in den Büchern, in denen sie niedergeschrieben wurden, und sie leiten menschliches Handeln im wirklichen Leben.
Im Übrigen ist auch der Gedanke, die Menschen sollten die Menschenrechte vergessen und sich einfach an Macht und Gewalt halten, nichts anderes als eine Erfindung. Wie jede Soll-Regel im subjektiven Denken des Einzelnen existiert, nicht aber als objektive Wahrheit in der äußeren Welt, so gilt das auch für diese Regel. Im Gegensatz zu den Menschenrechten handelt es sich hier jedoch um eine schlechte Erfindung. Es gibt nämlich auch im Reich der Ideen nicht nur gute, sondern auch schlechte Einfälle. (Was man für gut und schlecht hält, ist natürlich immer subjektiv. Dennoch folgt aus der Subjektivität von Werten nicht, dass wir alle Werte für völlig gleichwertig halten müssen. Gerade weil Werte subjektiv sind, kann ich zu den meinen stehen und sie sogar von anderen einfordern. Wie vernünftig letzteres ist, und ob es nicht besser wäre, dafür zu werben, die eigenen Werte in eine allgemeine Norm einfließen zu lassen, steht auf einem anderen Blatt.)
Natürlich könnte man jetzt entgegnen: wenn die von Menschen erdachten Menschenrechte real sind, dann muss auch Gott (oder irgendetwas anderes, das Menschen sich ausdenken) real sein. Doch auch hier liegt ein Trugschluss vor. Gott als Idee ist real, solange sie in den Köpfen oder in den Aufzeichnungen der Menschen existiert, aber über Gott als Person, die dies und jenes getan haben soll, ist damit noch nichts gesagt. Die Person Gott muss nicht real sein. Der Unterschied ist, dass die Menschenrechte von vorneherein eine Idee sind, Gott aber soll im Idealfall keine Idee sein, sondern eine existierende Person. Und über letztere wird hier keine Existenzaussage getroffen.
Darauf könnte man entgegnen, dass dann zwar die Idee der Menschenrechte real sei, die Menschenrechte selbst aber vielleicht nicht. So wie die Idee Gottes real ist, aber Gott selbst vielleicht nicht. Während es jedoch zwischen Gott als Idee und Gott als Person einen wesentlichen Unterschied gibt, gibt es diesen nicht zwischen der Idee konkreter Menschenrechte und ebendiesen Menschenrechten selbst. Denn die Menschenrechte sind eine Idee, sie sind nichts Materielles, keine Person oder ein Gegenstand, sie existieren nicht außerhalb des menschlichen Denkens. Die Idee konkreter Menschenrechte und diese Menschenrechte selbst sind ein und dasselbe. Und selbst wenn man dem nicht folgen will, so gehören sie doch zumindest der gleichen Kategorie an, nämlich den Ideen. Als solche sind sie real, solange Menschen sie vertreten, oder solange Aufzeichnungen darüber existieren.
Die weißen Ritter im Kampf gegen das Abgrundböse
Wir die Guten, da die Bösen. So einfach kann man sich die Welt gedanklich einrichten. Komisch, dass es nie eine Seite gibt, die sich selbst für die Bösen und die anderen für die Guten hält.
In Lagern denken. Wir gegen die. Die eigene Seite viel nachsichtiger behandeln, denn die gehört ja zu den Guten. Die andere Seite heruntermachen, an ihrer Rationalität zweifeln, sie als emotional gesteuert und aggressiv hinstellen, bei ihr immer nur das Schlimmste vermuten – denn die andere Seite, das sind ja die Bösen. So einfach ist das. So funktioniert das, was uns manch einer allen Ernstes auch noch als Qualitätsjournalismus verkaufen will. Der Journalist als weißer Ritter im Kampf gegen das Abgrundböse. Die Welt als Märchen. Gut gegen Böse, der edle Ritter gegen den schwarzen Schurken. Die Journalisten, die uns diesen Humbug allen Ernstes präsentieren, haben ihren Beruf komplett verfehlt. Sie wären besser Märchenerzähler geworden.
Dass das Böse gar nicht so böse ist und der Ritter alles andere als weiß und edel — das sind Feinheiten, über die man offenbar auch mal hinwegsehen können muss. Ein Schlachtengemälde muss eben mit groben Strichen gemalt werden, eher mit der Kleisterbürste als mit dem feinen Künstlerpinsel. Nicht dass der Journalist den feinen Pinsel nicht auch beherrschen würde, das tut er durchaus, er hat sein Handwerk ja gelernt. Aber manchmal ist einfach die Kleisterbürste viel besser geeignet, um die gewünschte Wirkung zu entfalten. Im Kampf Gut gegen Böse heiligt der Zweck nunmal die Mittel. Da darf man nicht zimperlich sein, und Wahrheit ist ohnehin ein dehnbarer Begriff. Mit der Wahrheit ist es so ähnlich wie mit Schrödingers Katze: die Wahrheit stirbt erst dann, wenn es der Leser merkt. Und das ist im allgemeinen nicht zu befürchten.