Ideologie schlägt Wirklichkeit (schlägt Ideologie)

Manch einer lebt nach dem Grundsatz: wer ideologisch gefestigt ist, dem kann die Wirklichkeit nichts mehr anhaben. Der ideologische Mensch ist immun gegen die Realität. Gerade in diesen, geistig immer finsterer werdenden Zeiten kann man das an jeder Straßenecke im Internet beobachten.

Doch die Freunde der Ideologie sollten sich nicht zu früh freuen. Denn sie können die Wirklichkeit „bestenfalls“ ausblenden, aushebeln können sie sie nicht. Sie bleibt immer noch die Wirklichkeit. Und kann als solche die Ideologen durchaus kalt erwischen. Sie hat einfach den längeren Atem. Und sitzt am längeren Hebel. Im Zweifel kommt sie als Krise mit voller Wucht über die, die sie immerzu verleugnet haben.

Großmachtspielchen auf abschüssiger Ebene

Ein chinesischer Fluch soll besagen: mögest Du in interessanten Zeiten leben. Nun, die Zeiten, in denen wir leben, sind ohne Zweifel in diesem unguten Sinne hochinteressant. Neue Konfrontationen und Feindbilder entstehen. Man kann live mitverfolgen, wie sich die Welt ohne jede Not auf eine abschüssige, rutschige Ebene begibt, an deren Ende der nächste große Krieg schon auf uns wartet.

Treibende Kraft dieser hochgefährlichen Demontage der internationalen Beziehungen sind ausgerechnet die westlichen Demokratien. Leider kann man das nicht anders sagen. Allen voran die USA sind nicht bereit, sich von anderen Ländern ökonomisch überflügeln zu lassen, geschweige denn politisch. Um die amerikanische Dominanz über die Welt zu erhalten, werden alle Mittel eingesetzt, die dafür nötig erscheinen. Auch wenn das die Destabilisierung und letztlich die Zerstörung weiter Teile der Welt zur Folge hat.

Vor allen Dingen auf China haben es die USA jetzt abgesehen. Dass China die USA ökonomisch überholt, soll um jeden Preis verhindert werden. Wie irrational und ungerechtfertigt ein solches Unterfangen ist, liegt dabei auf der Hand. Lediglich etwa vier Prozent der Weltbevölkerung entfallen auf die USA, auf China dagegen satte 18 Prozent. Es würde nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn China, ein Land mit einer aufstrebenden Bevölkerung, die USA nicht früher oder später wirtschaftlich überholen würde, in absoluten Zahlen gemessen. Trotzdem wollen die USA eine solche, völlig natürliche Entwicklung mit allen Mitteln verhindern, auch wenn diese Mittel unlauter oder gar brandgefährlich sind.

Dabei werden sie von willfährigen Staaten unterstützt, die kaum noch zu einer eigenständigen, von den USA unabhängigen Politik in der Lage sind. Alle zusammen gehören sie zu den reichsten Ländern der Erde. Viele von ihnen sind ehemalige Kolonialmächte, die noch heute von der Ausbeutung profitieren, die ihre Vorfahren unter dem Vorwand betrieben haben, den primitiven Völkern die Zivilisation zu bringen. Sie profitieren dabei unter anderem durch die vorteilhaften Strukturen, die die Kolonialzeit bis heute auf der Welt hinterlassen hat. Eine Wiedergutmachung und Entschädigung kolonialer Ausbeutung und des Massenmords an indigenen Völkern hat bezeichnenderweise niemals stattgefunden. Auch davon profitieren die früheren Kolonialmächte noch heute.

Die USA sind dabei ein besonderer Fall. Selbst im Ursprung eine Kolonie, die ihre Unabhängigkeit von ihren Kolonialherren erkämpfte, hatte sie danach nichts Besseres zu tun, als ihrerseits weite Gebiete Nordamerikas zu okkupieren und die dort lebenden indigenen Bewohner zu vertreiben oder zu massakrieren.

Es ist eigentlich eine Binsenweisheit, die aber leider gerne verdrängt wird: nur weil ein Land demokratisch ist, gehört es noch lange nicht zu „den Guten“, auch wenn das seine unerschütterliche Selbstwahrnehmung sein mag. Die USA waren bereits eine Demokratie, als sie die indigenen Bewohner der von ihnen okkupierten Gebiete vertrieben und unzählige von ihnen ermordeten. Sie waren eine Demokratie, als sie Atomwaffen gegen japanische Städte und damit gegen Zivilisten zum Einsatz brachten, und damit etwa 100.000 Männer, Frauen und Kinder sofort töteten. Weitere 130.000 starben noch im gleichen Jahr qualvoll an den Folgen, die Jahre danach nicht mitgerechnet. Die USA waren eine Demokratie, als nach dem zweiten Golfkrieg etwa eine Million Irakerinnen und Iraker an den Folgen brutaler Wirtschaftssanktionen starben, darunter nach UN-Schätzungen allein 500.000 Kinder. Es war im doppelten Wortsinn eine Demokratin, die damalige US-Außenministerin Albright, die in einem denkwürdigen Interview sagte, die Sanktionen seien den Tod von einer halben Million Kindern wert gewesen.

Ein anderes Beispiel ist Großbritannien. Auch dort gab es bereits ein parlamentarisches System, als die Briten die halbe Welt unterjochten, Opium nach China verkauften und Kriege gegen das Land führten, weil dieses den Import des Rauschgiftes unterbinden wollte. Großbritannien hat Hongkong von China abgepresst und über 150 Jahre lang autokratisch regiert, noch bis in die 1960er Jahre auch mit Gewalt und Blutvergießen. Erst im Jahr der Rückgabe an China führte Großbritannien in Hongkong ein demokratisches System ein, 150 Jahre haben sich die Briten damit Zeit gelassen. Erst als klar war, dass die britische Führung ihre Kolonie an China zurückgeben musste, hat sie ihre Liebe zur Demokratie in Hongkong entdeckt. Allein das spricht schon Bände darüber, wie viel diesem Land an der Demokratie liegt. Und wieviel Verlogenheit mitschwingt, wenn im Namen der Demokratie andere Länder bekämpft werden sollen.

Tatsache ist: es geht dem Westen im Umgang mit China nicht ernsthaft um Demokratie. Das ist nur Teil des Narrativs, das das hochgradig aggressive Vorgehen gegen China schönreden soll. Es ist eine Märchengeschichte, die vor allem die Menschen im Westen selbst glauben, aber sonst keiner, der noch bei klarem Verstand ist. Zwischen den wohlklingenden Zeilen, die von Demokratie und Menschenrechten erzählen, geht es um das alte Menschheitsthema, das die Weltgeschichte wie kein anderes geprägt hat, und das bereits der Sozialstruktur einer Affenhorde zugrundeliegt. Es geht um Eigennutz und Dominanzstreben einerseits sowie eine freiwillige oder erzwungene Unterordnung andererseits.

Demokratisch zu sein heißt nicht, dass man damit automatisch im Recht ist. Auch Demokratien begehen Verbrechen. Die Geschichte, auch die jüngere, ist voll davon. Diese Verbrechen entstehen vor allem, wenn die wahre, intrinsische Motivation weder Demokratie noch Menschenrechte sind, sondern der Eigennutz und die eigene Vormachtstellung. Aber auch aus einer guten Gesinnung heraus entstehen Verbrechen, etwa wenn bei dem Versuch, die Welt zu demokratisieren, gescheiterte Staaten zurückbleiben, die in ihrem eigenen Blut ertrinken.

Der Westen ist höchst erfolgreich darin, seine Verbrechen in der öffentlichen Wahrnehmung fast vollständig auszublenden (das ist freilich keine exklusiv westliche Eigenschaft; andere tun das auch, was die Sache aber nicht besser macht). Während bei der Selbstkritik gespart wird, werden bei der Chinakritik großzügig einige Schippen draufgelegt. Die eigene Bevölkerung wird mit dem gesamten Propaganda-Arsenal bombardiert, das zur Verfügung steht, um China zu dämonisieren, ein anti-chinesisches Feindbild in die Köpfe einzubrennen und Zustimmung zur Großmachtpolitik der westlichen Regierungen herzustellen. Die meisten Medien machen dabei fröhlich mit, so als ob es dort keinen Journalismus mehr gäbe, der sich einer objektiven Berichterstattung verpflichtet fühlt. Ein solcher objektiver Journalismus würde über alle Aspekte, über Licht und Schatten in China berichten. Statt dessen wird im real existierenden Journalismus das Licht praktisch komplett ausgeblendet, weil es nicht in das finstere Feindbild passt. Und der Schatten wird noch schwärzer dargestellt, als er tatsächlich ist, damit das Feindbild noch finsterer und bedrohlicher wirkt. Durch ständige Wiederholung der immer gleichen Vorwürfe wird das Feindbild verfestigt. In den Köpfen der Menschen wird eine Mauer errichtet, Stein auf Stein. Eine Mauer, durch die die komplexe Realität in ihrer Vielgesichtigkeit nicht mehr durchdringen kann.

Das Fatale ist: die anti-chinesische Politik und ihre Folgen lassen sich bereits jetzt schon nicht mehr einfach so zurückdrehen. Innerhalb weniger Jahre ist in den internationalen Beziehungen so viel Porzellan zerbrochen worden, dass die Welt das ganze Jahrhundert damit zu tun haben wird, die Scherben wieder einigermaßen zusammen zu kitten. Vertrauen und Respekt sind schnell verspielt, aber nur mühsam wieder aufgebaut. Und das nur, weil der westliche Weltadel seinen privilegierten Platz an den Fleischtöpfen der Welt in Gefahr sieht und mit Zähnen und Klauen verteidigt.

Viele Chinesen haben bislang mit Bewunderung auf den Westen geschaut. Sogar die chinesischen Staatsmedien haben in der Vergangenheit ein durchaus wohlwollendes Bild vom Westen gezeichnet. Die Regierung hat sich ebenfalls wiederholt an westlichen Standards orientiert. So wurde zum Beispiel nach dem Vorbild des deutschen BGB erstmals ein bürgerliches Gesetzbuch in China eingeführt. Während Chinesen früher ihren Wohnort nicht frei wählen konnten, ist das heute weitaus lockerer als noch vor dreißig Jahren. Früher wurde auch auf Umwelt und Arbeitsschutz praktisch keine Rücksicht genommen. Auch hier hat sich sehr viel zum Besseren getan. So ist China heute zum Beispiel weltweit führend beim Ausbau erneuerbarer Energien. Zwar ist nicht alles gut in China. Aber die Erzählung, dass sich nichts zum Positiven gewandelt habe, ist eine reine Zweckbehauptung, um den drastischen Kurswechsel gegen das Land zu rechtfertigen. Man gibt vor, China habe die Hoffnungen des Westens auf eine Demokratisierung des Landes bitter enttäuscht, obwohl solche Hoffnungen nie ernsthaft gehegt wurden. Die Scheinheiligkeit dieses Lamento ist offensichtlich.

Von einem können wir getrost ausgehen: die Chinesen sind nicht dumm. Und sie sind auch nicht vergesslich. Sie wissen noch sehr gut, wie sie von unseren kolonialen Vorfahren brutal unterworfen wurden. Und sehen glasklar die Parallelen zu heute. Jetzt, angesichts der offenkundigen Böswilligkeit anti-chinesischer Narrative, wendet sich die chinesische Bevölkerung entsetzt vom Westen ab. Wenn wir jemals eine Entwicklung hin zu mehr Demokratie in China gewünscht haben, dann ist dieser Weg jetzt auf viele Jahrzehnte verbaut. Wir haben einer solchen Entwicklung einen absoluten Bärendienst erwiesen. Das stört uns freilich wenig, weil es uns um eine Demokratie in China sowieso nie wirklich gegangen ist. Wir hatten in Bezug auf China unsere eigenen Vorteile immer fest im Blick. Während diese früher rein wirtschaftlich gelesen wurden, werden sie heute vor allem „geopolitisch“, d.h. großmachttechnisch interpretiert.

Vor diesem Hintergrund ist ein Hineinschlittern in den nächsten großen Krieg wohl nur eine Frage der Zeit. Mit solchen Brandstiftern, respektive Mitläufern, wie sie im Führungspersonal vieler westlicher Staaten zu finden sind, ist das fast unausweichlich. Insbesondere die Führung der USA nimmt ein solches Ergebnis billigend in Kauf. Aber was soll man schon von einem Land erwarten, das über das stärkste Militär der Welt verfügt? Die jüngere Geschichte beweist, dass es weder Angst noch moralische Skrupel hat, seine todbringende Macht einzusetzen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: die USA sind nicht das „Reich des Bösen“, denn so etwas gibt es nicht. Das Land hat auch seine guten Seiten. Aber sein extremer Militarismus, gepaart mit einem auf internationaler Ebene gnadenlosen Egoismus, ist die mit Abstand größte Bedrohung für den Weltfrieden in unserer Zeit.

Lasst es uns dieser klugen Eule gleichtun: lasst uns offen und mit wachen Sinnen über Zäune und Mauern schauen, statt uns dahinter zu verbarrikadieren, bis an die Zähne bewaffnet, gefangen in unseren selbstfabrizierten Feindbildern. Gefunden im Sommer 2022 in Burgthann.

Reality first

Es ist hierzulande immer wieder von der freien Presse die Rede. Freie Medien sind schön und gut. Aber was ist, wenn Medien ihre Freiheit darin sehen, ihre Nutzerinnen und Nutzer mit Halbwahrheiten abzuspeisen? Wenn sie nicht das ganze Bild wiedergeben, sondern nur einseitige, ideologisch durchtränkte Zerrbilder der Realität präsentieren? Freie Medien ja, aber Freiheit ist nicht das alleinige und auch nicht das erste Kriterium für gute Medien. Medien müssen zu allererst objektiv sein. Sie müssen das ganze Bild der Wirklichkeit wiedergeben, und nicht ein Zerrbild, das leicht zu einem Feindbild ausartet. Gute Medien informieren ihre Nutzer umfassend, und sie stülpen ihnen nicht ständig ihre eigenen Meinungen über. Meinungsbeiträge darf es zwar auch geben, aber zuerst kommt die objektive Information. Gute Medien klären ehrlich auf, anstatt Menschen zu manipulieren. Zusätzlich müssen sie auch frei sein und ohne staatliche Inhaltsvorgaben arbeiten können. Eine „freie Presse“ aber, die uns nutzlose, ja gefährliche, weil einseitige Zerrbilder der Realität präsentiert, braucht kein Mensch.

Und noch etwas brauchen wir nicht: Medien, die immer nur um Aufmerksamkeit heischen müssen, die skandalisieren müssen, um auf einem umkämpften Markt, auf dem es nur um Klicks, Auflage und Einschaltquote geht, überleben zu können. Hier hat sich in den letzten Jahrzehnten eine gefährliche Sucht nach immer mehr Aufmerksamkeit entwickelt, die sich verselbständigt hat und außer Kontrolle geraten ist. Das ist unter anderem deshalb gefährlich, weil die wichtigen Themen, die sich auf dem Markt oftmals nicht gut verwerten lassen, dabei unter die Räder kommen. Marktschreierische Medien schaden der Gesellschaft auf vielfältige Weise.

Wir brauchen Medien, die die wichtigen Themen aufs Tapet bringen, die die gesellschaftlichen Diskurse ohne eine eigene politische Agenda unabhängig anstoßen und moderieren. Marktförmige Medien sind dafür denkbar schlecht geeignet, solange der Markt nicht entsprechend gezähmt und reguliert wird. Markterfordernisse sind ihnen im Zweifel wichtiger als das Wohl der Gesellschaft.

Wider besseres Wissen

Wir wissen um die Prinzipien der Aufklärung, wir kennen die grundsätzlichen Grenzen der Erkenntnis, wir kennen die psychologische Forschung: wir sollten eigentlich wissen, dass es Mechanismen gibt, die zu einem schematischen Schwarz-Weiß-Denken führen, zur Entwicklung von Feindbildern und entsprechender Propaganda. Wir sollten wissen, dass jedes Land, jede Kultur, ja jeder einzelne Mensch gute und schlechte Eigenschaften hat. Niemand ist nur gut oder nur schlecht. Wir sollten wissen, dass Menschen dazu tendieren, sich selbst im Recht zu sehen. Wenn wir denken, im Recht zu sein, bedeutet das noch lange nicht, dass wir tatsächlich im Recht sind. Jeder kann falsch liegen, jeder kann sich irren, jeder kann im Unrecht sein.

Dennoch macht sich auf allen Ebenen eine unduldsame Rechthaberei breit. Meinungen und Anschauungen werden zunehmend mit einer Absolutheit vertreten, die anderen Meinungen die Existenzberechtigung abspricht. Die Ursache dieser Rechthaberei ist ein mangelnder Abstand zum eigenen Denken, eine mangelnde Kritikfähigkeit an der eigenen Position — nicht selten auch eine Überschätzung der eigenen intellektuellen Fähigkeiten, eine Art von intellektuellem Größenwahn, als wäre man selbst einer der größten Experten des Planeten, der alles richtig beurteilen kann. Jeder Gedanke, der sich richtig und gut anfühlt, wird für wahr genommen, egal, wie unausgegoren oder haltlos er in Wirklichkeit ist. Darüber hinaus besteht eine gefährliche Tendenz, nur noch die Informationen wahrzunehmen, die das eigene, vorgefasste Weltbild bestätigen, und alles zu ignorieren, was der eigenen Meinung widerspricht. Hinzu kommt eine aggressive Intoleranz gegenüber anderen Meinungen und den Menschen, die diese vertreten — eine Intoleranz, die noch vor wenigen Jahren zumindest hierzulande undenkbar schien.

„Ich habe Recht, du hast Unrecht“ — dieses unselige Denken, diese fanatische Schwarz-Weiß-Malerei führt zu einer gefährlichen Spaltung in unversöhnliche Lager, die sich voller Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber stehen. Und zwar innerhalb einer Gesellschaft genauso wie innerhalb der ganzen Menschheit. Je länger diese Spaltung andauert, umso tiefer wird sie, und umso mehr droht sie sich zu verhärten. Man kann sie inzwischen in unzähligen Internetforen beobachten, in denen unerbittliche Meinungskriege ausgefochten werden. Auch viele professionelle publizistische Kanäle sind davon betroffen. Auch sie sind sehr häufig Parteigänger einer bestimmten Sichtweise. Auch sie sehen ihre eigene Seite im Recht und andere im Unrecht. Auch sie sind gleichermaßen Opfer und Protagonisten dieser Spaltung.

Das alles ist aber nichts prinzipiell Neues. Aus der Geschichte sind unzählige Beispiele für grassierende Stereotype und entsprechende Feindbilder bekannt. Wir könnten das alles wissen. Und Maßnahmen dagegen ergreifen. Wir könnten die Rechthaberei als das bloßstellen, was sie ist: eine ungerechtfertigte Anmaßung, eine aggressive Unduldsamkeit, die vernünftige Kompromisse und ein Aufeinanderzugehen völlig unmöglich macht. Vernünftigerweise müssen wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass wir selbst im Unrecht sein können. Die Stimme der Vernunft würde die eigene Fehlbarkeit anerkennen. Aber das ist etwas, was viele in ihrer Selbstzentriertheit und geistigen Verhärtung unter keinen Umständen akzeptieren wollen.

Statt den Weg der Vernunft zu wählen, legen sie eine fatale Unvernunft an den Tag, indem sie fest an die Richtigkeit ihrer Schwarz-Weiß-Malerei und der daraus resultierenden Feindbilder glauben. Dass sich insbesondere viele unserer professionellen Medien munter daran beteiligen, ja die Schwarz-Weiß-Malerei massiv befeuern, ist ein besonders schlimmes Versagen, das dem eigenen Anspruch und Berufsethos der Medien massiv widerspricht. Bei manchen Medienschaffenden mag sich das Versagen daraus ergeben, dass sie ihre Meinung und die Wirklichkeit tatsächlich nicht auseinander halten können, weil sie zu einem sauberen Denken trotz ihrer Ausbildung einfach nicht in der Lage sind. Das mag es durchaus geben. Es müssen ja nicht immer die Intelligentesten sein, die „etwas mit Medien machen“. Bei manchen mag das anfänglich saubere Arbeiten auch mit der Zeit unter einem Berg aus schlechten, aber praktischen Gewohnheiten verschüttet worden sein. Nicht zuletzt sind nicht nur die Medienrezipienten für einfache Botschaften empfänglich, auch die Journalisten selbst sind nicht davor gefeit.

Das bedeutet aber nicht, dass das mediale Versagen immer nur unabsichtlich stattfindet. Mancher wird durchaus wissen, dass er vereinfachte Botschaften verbreitet, dass er Schwarz-Weiß-Malerei betreibt. Er tut es trotzdem, etwa um seinen Job nicht zu verlieren, um seine Karriere voranzubringen, oder um eine politische Agenda zu transportieren. Zu denken, dass es so etwas nicht gibt, wäre äußerst naiv. Es gibt nicht nur wohlmeinende Menschen im Journalismus, die im besten Glauben handeln, sauber zu arbeiten (auch wenn sie diesen Anspruch nicht immer erfüllen), sondern auch mitunter böswillige und verlogene, die genau wissen, was sie tun. Böswillige Menschen, Opportunisten, Mitläufer und Jasager gibt es in jeder größeren Gruppe und damit auch im Journalismus. Das ist praktisch unvermeidlich. Dass die anderen Journalisten und wir als Gesellschaft aber so tun, als ob es das alles nicht gäbe, ist schlichtweg unverzeihlich.

Ebenso unverzeihlich ist, dass wir im 21. Jahrhundert mit all dem Wissen und all den Erfahrungen, die wir als Menschheit haben, immer noch massenhaft auf Stereotype hereinfallen und felsenfest an die Wahrheit von Feindbildern glauben. Man kann von uns durchaus verlangen, dass wir es besser wissen sollten. Aber so viel Realitätssinn ist von den Menschen, die ja bekanntlich zu den Affen gehören, offenbar nicht zu erwarten.

Mahnung der Erdbewohner

Wir sagen es geradeheraus: wir sind nicht zufrieden mit euch. Ihr habt unseren wundervollen Planeten in einen katastrophalen Zustand gebracht. Ihr habt die Natur zerstört und das Klima aufgeheizt. Und als ob das noch nicht genug wäre, habt ihr zu allem Überfluss auch noch die Beziehungen zwischen den Staaten ruiniert und damit die Sicherheit aller zunichtegemacht. Ihr hattet den Anspruch, die Menschheit zu führen, aber ihr habt uns an den Rand eines Abgrunds geführt.

Wir sagen allen Kriegstreibern, allen Großmachtfanatikern, allen Hegemonen, allen Brandstiftern, allen Menschenfeinden, und zwar ganz egal, ob sie autokratisch oder demokratisch sind: wir brauchen euch nicht auf diesem Planeten. Wir wollen euch nicht mehr länger auf der Erde haben. Ihr seid hier nicht mehr willkommen. Von uns aus könnt ihr euch auf den Mond verziehen. Oder auf den Mars. Oder auf irgendeinen gefrorenen Jupitertrabanten. Dort könnt ihr eure geopolitischen Spielchen spielen, dort könnt ihr euren nächsten Weltkrieg veranstalten, dort könnt ihr euch gegenseitig die Köpfe einschlagen, euch gegenseitig vernichten. Aber nicht hier auf unserer Erde.

Die Erde ist der Planet aller Menschen. Nicht eines Teils der Menschen, sondern der ganzen Menschheit. Die Erde gehört nicht euch. Ihr könnt hier nicht treiben, was ihr wollt. Wenn ihr glaubt, die ganze Welt wäre euer Schachbrett, auf dem ihr die Menschen wie Spielfiguren hin- und herschieben könnt, dann habt ihr euch mächtig getäuscht. Wir sind nicht eure Spielfiguren. Wir spielen euer zynisches Spiel nicht mit. Wir haben genauso ein Recht an diesem Planeten wie jeder andere.

Wir sagen denen, die sich für etwas Besseres halten, die von der Kanzel herunter einen Keil in die Menschheit treiben, die einen großen Kampf zwischen Demokratien und Autokratien herbeireden: kommt herunter von eurem hohen Podest. Auch ihr habt Verbrechen begangen und begeht sie bis heute. Auch ihr habt den Klimawandel befeuert und befeuert ihn noch immer. Auch ihr habt Kriege geführt, habt die Umwelt zerstört, habt dem Hunger tatenlos zugesehen. Auch ihr habt Menschen ausgebeutet und für euren eigenen Vorteil missbraucht. Eure Scheinheiligkeit könnt ihr euch sparen.

Wir wollen nicht euer Gift der Spaltung. Wir wollen nicht eure Pest der Konfrontation, die am Ende nur zu einem großen Krieg führt. Wir wollen eine Menschheit werden. Ja: wir müssen eine Menschheit werden, wenn wir überleben wollen. Der nächste Weltkrieg wird nicht einfach der dritte, sondern der letzte. Es gibt keine weitere Chance mehr. Die Menschheit hatte schon zwei Chancen, ihre Lektion zu lernen. Eine dritte wird es nicht mehr geben. Entweder wir raufen uns alle zusammen und sorgen dafür, dass der zweite Weltkrieg der letzte war, oder die Zukunft wird ohne uns Menschen stattfinden.

Was wir wollen, ist wirklich nicht viel. Wir wollen einfach nur unser Leben leben. Ohne Krieg. Ohne Gewalt. Ohne Hass. Ohne Hunger. Ohne Armut. Ohne Ausbeutung. Ohne Unterdrückung. Wir wollen nicht, dass irgendeiner ganz oben, der uns gar nicht kennt, der uns nie gesehen hat, der abends scheinheilig seine Kinder umarmt, darüber entscheidet, ob wir weiterleben dürfen oder sterben müssen. Ist das, was wir wollen, nicht das Selbstverständlichste und Einfachste auf der Welt? Was stimmt mit den Menschen nicht, dass sie diese Selbstverständlichkeit bis heute noch nicht verwirklicht haben?

Wir stellen euch vor eine einfache Wahl: entweder ihr seid Freunde der Menschheit, die konstruktiv daran mitarbeiten, die Probleme auf der Erde zu lösen und die Situation aller Menschen zu verbessern, oder ihr seid Feinde der Menschheit, die nur ihr eigenes Wohlergehen interessiert. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Tertium non datur. Und macht euch keine Hoffnung, uns mit schönen Worten betrügen zu können. Wir geben nichts auf eure Worte. Wir schauen nur auf eure Taten. An euren Taten werden wir euch erkennen.

Wir sind aber auch bereit, euch die Hand zu reichen zur Versöhnung. Denn jeder begeht Fehler, und nur durch Versöhnung können wir eine Menschheit werden. Die Fähigkeit zur Versöhnung ist eine Kraft, die uns Menschen von Natur aus innewohnt. Wir sind bereit, diese Kraft zu entfalten. Aber zur Versöhnung braucht es immer beide Seiten. Versöhnung bedeutet harte Arbeit. Sie fällt nicht einfach so vom Himmel. Ohne den aufrichtigen Willen zur Versöhnung kann es auch keine Versöhnung geben.

Also: entscheidet euch jetzt. Es bleibt keine Zeit mehr. Beide Wege liegen vor euch. Der Weg, der zu einer vereinten Menschheit führt, die ihre Probleme gemeinsam löst, und der Weg der Spaltung, der uns alle im Kampf Mensch gegen Mensch in den Abgrund stürzt. Für uns ist die Sache klar. Es kann nur eine richtige Entscheidung geben.

Die Bewohner des Planeten Erde

(Leider nur im Traum)

Geopolitik

Der Begriff ist mittlerweile fast allgegenwärtig, und jeder, der seinem Wortbeitrag einen besonders intelligenten Anschein geben will, schmückt ihn mit ebendiesem Wort: „Geopolitik“. Aber was genau ist mit dieser inflationär verwendeten Modevokabel eigentlich gemeint? Meint „Geopolitik“ eine Politik, die auf das Wohl der ganzen Erde und der ganzen Menschheit ausgerichtet ist?

Selbstverständlich nicht. Gemeint ist vielmehr die gute alte Großmachtpolitik, die auf der ganzen Welt die egoistischen Partikularinteressen einzelner Staaten durchsetzen soll, die diese Großmachtpolitik betreiben. Das Nachsehen haben alle schwächeren Staaten, die trotz ihrer viel größeren Bevölkerungszahl „geopolitisch“ nichts zu vermelden haben. Wenn die Großen ihre „geopolitischen“ Spielchen spielen, sollten die Kleinen nicht im Weg herumstehen. Das ist die zynische Botschaft, die in diesem Begriff mitschwingt, auch wenn man diese Tatsache lieber vornehm verschweigt.

Tatsächlich würde dieser Planet eine echte Geopolitik, die das Wohl der ganzen Weltbevölkerung — der menschlichen wie der nicht-menschlichen — zum Ziel hat, dringender benötigen als alles andere. Aber so viel Weitsicht ist von den Menschen, die ja bekanntlich zu den Affen gehören, leider nicht zu erwarten.

Nukleare Teilhabe

Was ist nukleare Teilhabe? Nukleare Teilhabe ist, wenn ein Land, das sich in einem großen Sicherheitsabstand befindet, die Kontrolle über Atombomben hat, während ein anderes Land an der Ablieferung der Bomben und am Empfang des Gegenschlags mitsamt nuklearer Vernichtung teilhat.

Ob das ein kluges Konzept ist?

Wenn es den Homo sapiens wirklich gäbe

Wenn es den Homo sapiens, den weisen, einsichtigen Menschen, wirklich gäbe, dann wäre die Welt eine ganz andere. Daran kann gar kein Zweifel bestehen. Der Homo sapiens würde zum Beispiel Konflikte friedlich lösen. Er würde auf Konfliktparteien mäßigend einwirken und Konflikte entschärfen, anstatt sie zusätzlich anzuheizen und zu befeuern. Er würde dafür sorgen, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Positionen geschaffen wird. Er würde auf ein Win-win aller hinwirken, damit sich keiner benachteiligt oder übergangen fühlen kann.

Der Homo sapiens würde sich um eine gemeinsame, gegenseitige Sicherheit aller Staaten bemühen. Er würde wissen, dass Sicherheit unteilbar ist. Dass sie das Atomos, das Unteilbare der internationalen Politik ist. Denn es gibt entweder Sicherheit für alle, oder es gibt Sicherheit für keinen.

Natürlich wäre der Homo sapiens kein Dummerjan, der immer und überall und ausschließlich an das Gute im Menschen glaubt. Er würde wissen, dass es im Menschen nicht nur Gutes, sondern auch Schlechtes gibt, und dass es immer wieder nach außen brechen kann. Deshalb würde er sich auch auf diesen Fall angemessen vorbereiten. Es wäre ihm klar, dass es dumm und fahrlässig wäre, diese Gefahr gänzlich zu ignorieren.

Solche Gefahren im Auge zu behalten, wäre aber nur eine Nebenbeschäftigung für den Homo sapiens. Sein Hauptanliegen wäre, mit allen Seiten zu kooperieren — zum Wohl der ganzen Menschheit. Er würde weltweit zusammenarbeiten, um die Situation der Menschen auf der ganzen Welt zu verbessern. Die Kooperation wäre die entscheidende Grundlage für das globale Zusammenleben. Darüber hinaus wäre auch Konkurrenz erlaubt, aber der Homo sapiens würde dafür sorgen, dass sie gezähmt und moderiert wird. Er würde der Konkurrenz niemals erlauben, das globale Zusammenleben zu unterminieren.

Um die Zukunft der eigenen Nachfahren und die anderer Arten nicht zu zerstören, würde der Homo sapiens selbstverständlich nachhaltig leben. Alles andere wäre für ihn völlig undenkbar. Nachhaltigkeit ist das A und O für ein dauerhaftes Leben auf der Erde. Der Homo sapiens würde Ressourcen schonen, statt sie leichtfertig zu verschwenden. Nicht zuletzt würde er die Lebensrechte seiner Mitbewohner auf der Erde, der Tiere und Pflanzen, achten, anstatt nur sich selbst ein Lebens- und Existenzrecht zuzugestehen.

Das alles würde der Homo sapiens tun, wenn es ihn denn gäbe. Aber leider gibt es den Homo sapiens nicht. Statt dessen muss die Welt mit einem anderen Vertreter der Gattung Homo vorlieb nehmen. Dieser ist leider nicht das hellste Licht im Welttheater, weshalb man ihn mit einigem Recht auf den Namen Homo Knallkopf taufen kann. Obendrein ist er auch noch vom Egoismus zerfressen und verfolgt mit Vorliebe zu allererst seine eigenen Interessen. Statt auf ein Win-win aller hinzuwirken, ist er mit einem Win-Lose bereits sehr zufrieden. Er heizt Konflikte an und zündelt an politisch hoch explosiven Pulverfässern herum, wenn er darin einen Vorteil für sich selber sieht. Er teilt und spaltet die eine Menschheit, um zu herrschen und zu dominieren. Er sucht nur seine eigene Sicherheit zu stärken, auch wenn das die Sicherheit aller ruiniert.

Denn der Homo Knallkopf ist ein eingebildeter Dummerjan, der immer und überall und ausschließlich an das Schlechte im Menschen glaubt, außer natürlich in sich selbst. Das einzige Werkzeug, das er kennt, ist ein Hammer, und er sieht in allem einen Nagel, den er damit einschlagen muss. Vor Krieg und Gewalt schreckt er nicht zurück. Der Krieg ist für ihn etwas Legitimes, es sei denn, es ist der Krieg eines anderen. Seine eigenen Kriege sind für ihn nichts weiter als die ganz normale Fortsetzung der Politik mit dem Mittel der Gewalt, das selbstredend völlig gerecht und alternativlos ist. Mit dem gerechten Töten für eine gerechte Sache, die natürlich immer die Seine ist, kennt er sich bestens aus.

Wenn er mal keine Kriege führt, redet der Homo Knallkopf auch gerne von Kooperation. Doch bei der Auswahl seiner Partner ist er sehr wählerisch, und er schließt andere vorzugsweise aus. Statt zum Wohl aller Menschen zusammenzuarbeiten, betreibt er ökonomisch und politisch eine ruinöse Konkurrenz, die eher früher als später den ganzen Planeten an die Wand fahren wird.

Ein Lebensrecht anderer, nicht-menschlicher Erdbewohner kennt der Homo Knallkopf natürlich nicht — das versteht sich ja von selbst. Und auch die Zukunft seiner eigenen Kinder und Enkel bedeutet ihm nicht viel. Zwar gibt es manchmal Tage, an denen er gerne nachhaltig leben und seinen Nachfahren eine bewohnbare Welt hinterlassen würde, aber dann kommt doch wieder irgendetwas anderes dazwischen, das ihm gerade wichtiger erscheint. Macht nichts, denkt er sich, nachhaltig kann ich auch noch später werden. Auch wenn das bedeutet, dass es ein Später für ihn mangels Nachhaltigkeit gar nicht mehr geben wird. Diesen offensichtlichen Widerspruch hat er mit seinem Erbsenhirn noch immer nicht begriffen. So verzehrt er fröhlich weiter seinen eigenen Planeten, bis nicht mehr viel zum Leben übrig bleibt.

Manchmal träume ich davon, dass sich der Homo Knallkopf verwandelt, dass eine wunderbare Metamorphose geschieht, die aus dem dummen, brutalen Schläger, aus dem unersättlichen Vielfraß einen Homo sapiens macht. So, wie sich eine hässliche, gefräßige Raupe in einen schönen Schmetterling verwandelt. Für den Moment ist das leider nur ein Traum, aber auch Träume sind nicht ganz unmöglich. Auch sie können Wirklichkeit werden. Eines fernen Tages. Und vielleicht ist das sogar der normale Weg einer jeden Zivilisation in diesem Universum. Sie muss unweigerlich im rohen Naturzustand beginnen, um sich dann erst mühsam und unter großen Schmerzen zur Zivilisation hin zu entwickeln. Vielleicht werden auch die Bewohner der Erde diesen Weg noch gehen, wenn sie sich selbst nicht vorher auslöschen. Das ist zumindest meine große Hoffnung.

Vielleicht gehört die Erde aber auch zu jenen Planeten, die den Zustand der Zivilisation niemals erreichen, weil sich ihre Bewohner aus Angst, sie könnten nicht das größte Stück vom Kuchen bekommen, lieber auf ewig gegenseitig quälen. Statt einfach zusammen in einem Paradies zu leben.

Denn genau das ist die Erde: ein Paradies. Wer das nicht glaubt, der betrachte nur den Mond, den Mars, die Venus oder den Merkur. Die Erde ist ein Juwel unter den Planeten. Im Umkreis von etlichen Lichtjahren gibt es nichts Vergleichbares, geschweige denn Besseres. Wir sollten dem Schicksal dankbar sein, dass wir hier leben dürfen, ja: dass wir überhaupt leben dürfen.

Der Homo sapiens wäre darüber sehr glücklich und zufrieden, während der Homo Knallkopf es noch nicht einmal bemerkt. Er nimmt in seiner völligen Beschränktheit das Besondere, das Außergewöhnliche der Erde für selbstverständlich. Und verhält sich so, als wenn er sich jederzeit eine neue basteln könnte. Dass er das nicht kann, und dass eine freundliche Erde nichts Selbstverständliches ist, wird er noch schmerzhaft erfahren müssen. Leider wird er nur aus Schaden klug, nicht aus vernünftiger Überlegung. Er ist eben kein Homo sapiens. Wenn er Glück hat, wird sich das irgendwann noch einmal ändern, sofern er lange genug überlebt. Aber wann und ob überhaupt, das liegt allein an ihm.

Ich für meinen Teil wünsche ihm jedenfalls auf seiner weiteren Reise von Herzen alles Gute. Und das meine ich durchaus nicht ironisch. Ich meine es wirklich so. Ich wünsche dem einzigen Vertreter der Gattung Homo, den es noch gibt (und die Betonung liegt auf „noch“), dass er für seine Zukunft bessere Entscheidungen trifft als in der Vergangenheit. Vor allem wünsche ich ihm die Kraft, einzusehen, dass er selbst sein größter Feind ist, und nicht sein Gegenüber. Und dass er einen Weg findet, den Feind in sich selbst zu überwinden.

Und was wird er dann entdecken? Dass er selbst sein größter Freund sein kann, gemeinsam mit seinem Gegenüber. Wenn er dazu auch noch seinen Verstand zu nutzen lernt, dann, ja dann … dann kann seine glückliche Zeit als Homo sapiens vielleicht doch noch beginnen.